Eine Synästhesie ist eine besondere Art der Sinneswahrnehmung, bei der ein Reiz einen oder mehrere andere Sinne anspricht als die, die normalerweise an seiner Verarbeitung beteiligt sind: Man kann „eine Farbe hören“ oder „Klänge sehen“ (entsprechend auch das rhetorische Stilmittel in der Poesie). Der folgende Beitrag beschreibt näher, was synästhetische Menschen wahrnehmen.
Die Ursachen der Synästhesie sind immer noch unklar. Oft werden genetische Faktoren angeführt, zumindest wenn sich die Erscheinungen in den ersten Lebensjahren entwickeln; in anderen Fällen werden zerebrale Störungen oder Alkoholkonsum verantwortlich gemacht.
Bekannt ist, dass Synästhesien durch die Einnahme bestimmter Medikamente (z. B. Antidepressiva) oder den Missbrauch von Drogen (insbesondere von Halluzinogenen wie LSD, Meskalin und in manchen Fällen von Marihuana) sowie durch Hirnverletzungen (z.B. bei einem Schlaganfall) ausgelöst werden können.
Im Wesentlichen handelt es sich also um Ursachen, die Wahrnehmungsstörungen hervorrufen können. Die verstärkte Kommunikation zwischen den Hirnregionen, die für die Verarbeitung von Informationen aus den verschiedenen Sinnesorganen zuständig sind, scheint ein fruchtbarer Boden für synästhetische Manifestationen zu sein.
Abhängig davon, welcher Sinn betroffen ist, gibt es gibt viele verschiedene Arten von Synästhesie. Man kann jedoch sagen, dass sie alle mit der Veränderung von Sinneswahrnehmungen zusammenhängen, sodass zum Beispiel Wörter eine Farbe, Klänge einen Geruch und Zahlen einen Geschmack haben.
Bei der audiovisuellen Synästhesie, auch Chromästhesie genannt, werden akustische Eindrücke mit Farben gekoppelt: eine Melodie, das Bellen eines Hundes oder das Öffnen einer Tür können visuelle Erfahrungen auslösen.
Einige Betroffene berichten, dass sie ihre synästhetischen Erfahrungen in ihrer Umgebung warnehmen. Andere sagen, dass sich diese direkt in ihrem Verstand abspielen, haben aber oft Schwierigkeiten, sie in ihrem Inneren räumlich zu verorten und schildern, dass sie diese „wie vor ihren Augen“ haben.
Bei manchen wird die Synästhesie nur durch gesprochene Worte ausgelöst, bei anderen durch alle akustischen Reize, durch einzelne Töne oder durch Melodien. Auch bei den visuellen Reizen, die ausgelöst werden, gibt es Unterschiede: Manche Menschen nehmen Farben wahr (Chromästhesie), bei anderen sind es geometrische Formen.
Bei der Graphem-Farb-Synästhesie werden Grapheme (d. h. einzelne Buchstaben des Alphabets und Zahlen) mit einer bestimmten Farbe assoziiert. In einigen Fällen können sogar ganze Wörter eine eigene Farbe haben: Diese Form tritt vor allem in den ersten Schuljahren beim ersten Kontakt mit bestimmten Formen auf.
Die Form, Anordnung im Raum, Transparenz, Intensität und Schattierung der Farben variiert jeweils. Auch die Assoziation zwischen Graphem und Farbe ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Der Buchstabe A kann für jemandem beispielsweise rot und für eine andere Person blau sein. Eine Studie hat gezeigt, dass nicht die Form des Buchstabens die Farbe hervorruft, sondern seine Bedeutung. Die Patienten sahen Wörter und eine Reihe von Zahlen, bei denen einige Buchstaben und einige Ziffern mit dem gleichen Symbol dargestellt waren (Buchstabe S für die Zahl 5 oder Z für 2). Synästhetische Patienten nahmen das gleiche Symbol in unterschiedlichen Farben wahr, je nachdem, ob sie es als 5 oder als S erkannten.
Bei der lexikalisch-gustatorischen Synästhesie wird das gehörte Wort mit einem bestimmten Geschmack assoziiert, und die Wahrnehmung der spezifischen Geschmacksnoten kann auch sehr intensiv sein.
Manche Menschen berichten, dass der Geschmack beim Hören eines bestimmten Wortes manchmal lange anhält, während er bei anderen Worten fast sofort wieder verschwindet. Analysen haben gezeigt, dass Synästhetiker eine viel stärkere Verbindung zwischen dem für den Geschmack zuständigen und dem für das Hören zuständigen Teil des Gehirns haben als Menschen mit normaler Wahrnehmung.
Die Symptomatik der synästhetischen Wahrnehmungen variiert je nach Art der Synästhesie. Die Symptome können wie folgt ausgeprägt sein:
Synästhesien betreffen nur einen kleinen Teil der Bevölkerung (zwischen 0,05 % und 4 %), aber relativ viele Künstler, Dichter und Schriftsteller.
Kandinsky schilderte, dass die Farben für ihn auf der Leinwand zu einem „Chor“ wurden, und hoffte, dass auch andere seine Bilder hören würden. Baudelaire hingegen schuf das „Vokalsonett“ unter dem Einfluss von Sinnesverzerrungen, die wahrscheinlich durch Rauschmittel hervorgerufen wurden.
Synästhetische Wahrnehmungen hatten auch Wissenschaftler wie der Physiker Richard Feynman, Vater der Nanotechnologie und Nobelpreisträger für Physik im Jahr 1965, der sagte, er sehe Gleichungen mit farbigen Ziffern, und auch Musiker wie Stevie Wonder, der berichtete, er habe mehrere Klang-Farb-Synästhesie-Erfahrungen gemacht, die bei ihm die Assoziation bestimmter Klänge und Farben hervorriefen.
Es gibt keinen offiziellen Synästhesie-Test und auch keine Methode zur Diagnose einer Synästhesie. Obwohl Synästhesien häufig als „neurologisches Phänomen“ definiert werden, sind sie weder im Diagnosehandbuch für psychische Störungen noch in der Klassifikation entsprechender Krankheiten und Gesundheitsprobleme aufgeführt. Normalerweise beeinträchtigt eine Synästhesie den Alltag nicht und wird von den Betroffenen sogar als angenehm empfunden.
Es gibt jedoch Leitlinien zur Identifikation der tatsächlich von einer Synästhesie betroffenen Personen. Dabei gilt es herauszufinden, ob die Personen
Derzeit gibt es keine Behandlungs- oder Heilmethoden für Synästhesien, nicht zuletzt weil viele Menschen diese nicht als negativ empfinden. Eine Behandlung ist daher oft weder notwendig noch erwünscht. Generell ist Hypnose der Ansatz, der bisher die besten Ergebnisse gezeigt hat. Allerdings gibt es unterschiedliche Ausprägungen und Formen von Synästhesie, sodass die tatsächliche Wirksamkeit und Notwendigkeit einer Behandlung von Fall zu Fall individuell beurteilt werden sollte.